Als Leadsänger der Rockband Hootie & the Blowfish hatte Darius Rucker in den 1990ern seinen festen Platz unter den Superstars, ihr Debütalbum verkaufte über 16 Millionen Exemplare. Dann kam Country. 2008 begann Rucker mit seinem Solo-Album Learn To Live eine ganz neue Karriere als Country-Sänger. Mutig. Die Single „Don’t Think I Don’t Think About It“ des Albums und zwei weitere erreichten den Spitzenplatz der US Country-Charts. Sie waren dort seit den 1980er Jahren die ersten Einträge eines Afroamerikaners. Das Album, auf dem Alison Krauss Background singt, verkaufte sich millionenfach.

Wo andere mal eben einen kleinen Genre-Hopser wagen – nehmen wir die Folk-Popperin Jewel oder die Hardrocker Mötley Crüe, deren 2014 erschienenen Country-Tribute-Album Rucker einen Track beisteuerte – meinte er es selbst ernst. Nichts und niemand konnte ihn stoppen. Schon in den 1980ern war ihm die Idee gekommen. Bereits auf den letzten Hootie-Platten wollte er einen Country-Sound durchsetzen.

Vor seinem Plattendeal als Solokünstler rief ein Mitarbeiter von Capitol Nashville ein Dutzend wichtige Business-Player der Music City an und befragte sie zu den Chancen Ruckers. Bis auf einen winkten alle ab. Zum Glück wurden sie ignoriert. „Es gibt schon Leute, die sich gefreut hätten, wenn ich in Nashville gescheitert wäre“, sagte der Sänger mit dem breiten Carolina-Akzent, dessen bärenstarker Bariton wie ein Sturm über alles hinwegfegen kann, dem Rolling Stone. „Das hat mich noch mehr angetrieben. Ich hätte diese Musik auch ohne Plattenfirma gemacht, im Kellerstudio, mit einigen Freuden aus Charleston.“

Anders als bei jedem anderen Countrymusiker seines Kalibers, schien es bei Rucker bei jedem weiteren Album immer wieder aufs Neue um alles zu gehen. 2010 hielt er den hohen Erwartungen mit dem Nachfolger Charleston SC 1966 stand, gefolgt 2013 von seinem dritten Country-Album True Believers, das ebenfalls ins Penthouse der US Country-Charts hochfuhr und Gold-Status in den USA bekam. Die Single „Wagon Wheel“ des letzten Albums, ein Cover der Americana-Band Old Crow Medicine Show, co-geschrieben von Bob Dylan, war eine gewagte Wahl, doch das Radio spielte den Song. Emotionaler als die beiden Vorgänger, besticht True Believers mit dem Duett „Love Without You“ von Rucker mit Sheryl Crow – deren Karriereweg seinem nicht unähnlich ist.

Auch damit entzog er sich der Konvention: Rucker ist nie nach Nashville übergesiedelt, sondern in seiner Heimatstadt Charleston in South Carolina geblieben. Für sein jüngstes Album reiste der Produzent Frank Rogers sogar dort hin. „Ich konnte das Album in meinen normalen Tagesablauf integrieren“, erklärt Rucker. „Aufstehen, die Kinder zur Schule bringen, ein bisschen Golf spielen, die Vocals aufnehmen. Ich konnte machen, was ich wollte, und das hört man auf dem Album.“ Wann immer es geht, nimmt Rucker seine zwei Töchter und seinen Sohn mit auf Tour. „Etwas, das ich im Rockbusiness nie gesehen habe. Country ist da viel familienfreundlicher“, so der Sänger. Ein Ritterschlag war es, als Willie Nelson ihn in seinen berühmten Tourbus einlud. „Eine richtige Reifeprüfung“, bekräftigt Rucker. Ich habe zu Hause diesen Schnappschuss an der Wand. Als ihn meine Tante sah – sie ist ein großer Willie-Fan – machte sie ganz große Augen und sagte nur: du warst in Willies Bus, oder?“, erzählt er lachend.

2015 veröffentlichte Rucker sein viertes Studio-Album Southern Style, das wie die Vorgänger sofort Platz 1 der Country-Charts erreichte. Das Album ist legerer und lustiger geworden als seine bisherigen, klassischer klingenden Country-Alben. Die Radiosingle „Homegrown Honey“, co-geschrieben vom Songwriter und Produzenten Nathan Chapman (Taylor Swift) und Lady Antebellums Sänger Charles Kelley, ist ein Ohrwurm und Partysong über ein Country-Girl in New York. „I Sang“ besingt das Miami-Dolphins-Footballteam. „Down Here“ ist eine Ode an die Freuden des irdischen Daseins.

Als ein rassistischer Country-Fan ihm den Tweet: „Lass den Weißen ihren Country“ zukommen ließ, antwortete Rucker mit der Frage: „Schreiben wir das Jahr 2013 oder 1913?“ und ergänzte, er würde seine Mitgliedschaft in der Grand Ole Opry behalten. Die 1925 gegründete Radioshow – der Referenzpunkt für jeden Countrymusiker – hatte ihn im Vorjahr feierlich aufgenommen. „Als sie mich fragten, ob ich dort auftreten wolle, schrie ich ins Telefon: ‚macht ihr Witze?‘ Da eingeladen zu werden, wo so viele großartige Countrymusiker aufgetreten sind, auf der Bühne zu stehen, auf der schon Hank Williams und Kitty Wells standen, das war unglaublich.“ In seiner Rede zur Aufnahme Ruckers sagte der Country-Star Vince Gill: „Ich glaube, es gibt keinen geliebteren Menschen in unserer Musik als dich. Danke, dass du ein Countrysänger werden wolltest!“