Kerzengerade überragt George Strait, der King of Country, die musikalische Skyline Nashvilles. Von allen Sängern, die in den 1980ern debütierten, blieb er der Tradition des Genres am nächsten. Den Honky Tonk und Western Swing erfand er nicht neu, sondern belebte sie in einer Ära, in der Pop und Disco die Countrymusik durchspülten und verwässerten. Straits neoklassischer Stil hat ihn zu einer lebenden Legende gemacht. Sein Name ist synonym mit dem „echten Country“ und sein Einfluss ist in der Musik von Randy Travis, Dwight Yoakam, Garth Brooks und so vielen anderen hörbar.

Rund 70 Millionen Platten hat der Texaner verkauft und steht damit breitbeinig in der Riege von Elvis, Michael Jackson und den Beatles. Der Sänger, Schauspieler und Produzent ist seit 2006 Mitglied der Country Music Hall of Fame. Er hat Awards im dreistelligen Bereich gewonnen oder wurde nominiert.

Strait kam 1952 in Texas zur Welt. Sein Vater war Lehrer und betrieb eine Ranch, die seit über hundert Jahren in Familienbesitz war. Als Teenager begann Strait in einer Rock and Roll Band zu spielen. Nach der Highschool ging er aufs College, brach frühzeitig ab und brannte mit seiner Highschool-Liebe Norma durch, mit der heute noch glücklich verheiratet ist. 1971 ging Strait zur Armee und wurde auf Hawaii stationiert, wo er in einer Truppenband namens Rambling Country mitspielte, die auch außerhalb der Militärbase auftrat. 1975 kehrte er nach Texas zurück, wo er zunächst Agrarwirtschaft studierte und nebenbei seine erste eigene Band Ace in the Hole gründete. Zum Ende der 1970er freundete Strait sich mit dem Clubbesitzer Erv Woolsey an, der sein Manager wurde und Strait zu einem Vertrag bei MCA Nashville verhalf.

„Unwound“, Straits erste Single beim Majorlabel, erreichte direkt die Top-10 der Countrycharts, gefolgt von „If You’re Thinking You Want a Stranger (There’s One Coming Home)“ und „Fool Hearted Memory“. Straits Hit-Strähne dauerte bis in die 1990er hinein, 31 Mal erreichte er den Spitzenplatz. Weil sein Sound dann etwas glatter wurde, überlebte Strait als einer der wenigen seiner Generation die Welle neuer Country-Sänger, die mit dem Siegeszug von Garth Brooks und Vince Gill ihren Anfang nahm.

Und auch in unserem Jahrhundert konnte ihn keiner aufhalten. 2001 erreichte sein experimentelles 21. Studioalbum The Road Less Traveled Platz 1 der Countrycharts und die Top-10 der US-amerikanischen Popcharts. Nicht einmal Drum-Loops und Computer-Sounds konnten den King aus der Bahn werfen. 2008 gewann Strait mit Troubadour seinen ersten Grammy, in der Kategorie „Best Country Album“. Auch mit seinem 28. Studio-Album Love Is Everything blieb Strait im Sattel. Es wurde 2013 in den USA vergoldet und brachte Straits sechzigsten Nr-1-Hit, die Platin-Single „Give It All We Got Tonight“ hervor. „Ein weiterer Showcase seiner sanften Stimme und, vielleicht wichtiger, seiner unglaublichen Gabe, herausragende Songs auszuwählen“, rezensierte Country Weekly.

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George Strait ist trotz des großen Erfolgs auf dem Boden geblieben

The Cowboy Rides Away: Schlagzeilen machte Strait 2014 auf seiner Abschiedstournee. Eine Million Menschen kam, um ihn zu sehen. Das Grande Finale fand im Stadion der Dallas Cowboys vor mehr als hunderttausend Zuschauern statt, mit Stargästen wie Sheryl Crow, Miranda Lambert, Eric Church und Vince Gill, die bewegende Duette mit dem 63-Jährigen sangen, mitgeschnitten und veröffentlicht auf dem Live-Album The Cowboy Rides Away, Live At AT&T Stadium. Strait konnte nun getrost in den Horizont reiten.

Als Studiokünstler – wie auch als Performer einzelner Shows – ist der King of Country seinen Fans noch erhalten geblieben. Ohne Vorankündigung veröffentlichte Strait im Oktober 2015 sein jüngstes Studioalbum Cold Beer Conversation, das er mit dem Grammy-prämierten Produzenten Chuck Ainlay (Dire Straits, Mark Knopfler) aufnahm und mit dem er einmal mehr den Spitzenplatz der US-Countrycharts eroberte, ebenso die kanadischen Top-15. Autoren der Songs sind Schwergewichte der Music City, wie Bill Anderson, Brandy Clark, Shane McAnally und Tom Shapiroc – nicht zu vergessen der Nashville-Outlaw Jamey Johnson, der auf dem Song „Cheaper Than a Shrink“ Background singt. Auch Strait griff nach Jahren wieder selbst zur Feder.

Im April 2016 tritt King George in der jüngst errichteten neuen Las Vegas Arena (20.000 Plätze) auf. Straits Legende beruht eigentlich auf einem Wort: Beständigkeit. Er brauchte niemals die Regenbogenpresse, er braucht keine Facebook-Freunde und Twitter-Follower. Die Countrymusik braucht ihn noch.